Die ostfriesische Landschaft in ihrer Spärlichkeit, den eingedeichten grünen Weiden, dem geheimnisvollen Wattenmeer und den unendlichen Himmeln, die immer wieder von hunderttausenden von Zugvögeln bevölkert sind, ist der Ausgangspunkt für staunendes Sehen.
In all der Weite wird ein Strauch bedeutend, in einer Nebelwelt ein Phantasma.
Nordsee von Rainer Maria Rilke
I
Die nächste Flut verwischt den Weg im Watt,
und alles wird auf allen Seiten gleich;
die kleine Insel draußen aber hat
die Augen zu; verwirrend kreist der Deich
um ihre Wohner, die in einen Schlaf
geboren werden, drin sie viele Welten
verwechseln, schweigend; denn sie reden selten,
und jeder Satz ist wie ein Epitaph
für etwas Angeschwemmtes, Unbekanntes,
das unerklärt zu ihnen kommt und bleibt.
Und so ist alles was ihr Blick beschreibt
von Kindheit an: nicht auf sie Angewandtes,
zu Großes, Rücksichtsloses, Hergesandtes,
das ihre Einsamkeit noch übertreibt.
II
Als läge er in einem Krater-Kreise
auf einem Mond: ist jeder Hof umdämmt,
und drin die Gärten sind auf gleiche Weise
gekleidet und wie Waisen gleich gekämmt
von jenem Sturm, der sie so rauh erzieht
und tagelang sie bange macht mit Toden.
Dann sitzt man in den Häusern drin und sieht
in schiefen Spiegeln was auf den Kommoden
Seltsames steht. Und einer von den Söhnen
tritt abends vor die Tür und zieht ein Tönen
aus der Harmonika wie Weinen weich;
so hörte ers in einem fremden Hafen -.
Und draußen formt sich eines von den Schafen
ganz groß, fast drohend, auf dem Außendeich.
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One of my favorite poems is from Rainer Maria Rilke:
The North Sea (“The Shallows”)
The next tide will erase the way through the mudflats,
and everything will be again equal on all sides;
but the small, far-out island already has its
eyes closed; bewildered, the dike draws a circle
around its inhabitants who were born
into a sleep in which many worlds
are silently confused, for they rarely speak,
and every phrase is like an epitaph
for something washed up on shore, unknown,
that inexplicably comes to them and remains.
And so it is, from childhood on, with everything
described in their gaze: things not applying to them,
too big, too merciless, sent back too many times,
which exaggerates even more their aloneness.
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Ebi de Boer schafft ihre Kunst in Pietrasanta, Italien (eine kleine Stadt in der Versilia, die für ihre Marmorwerkstätten und Bronzegießereien bekannt ist) und in Ostfriesland, an der Nordsee, in Deutschland.
Besuchen Sie ihre Webseite unter ebideboer.net
Ebi de Boer makes her art in Pietrasanta, Italy (a charming town in the Versilia known for its art marble laboratories and bronze foundries) and in Ostfriesland, at the North Sea, in Germany.
Visit her website, ebideboer.net
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